Oman-Expedition (Bernhard Gravenkamp)

Sonntag, 17. September

Vor dem Waggon vom Heinzli stehe ich in Zürich bereit, um mit ihm und einem Gewürztraminer und Käse unsere Reise standesgemäss zu beginnen. Bis Basel haben wir einen klimatisierten Wagen, bis Mannheim schwitzen wir in einer normalen Sauna, gut dreissig Grad — ein kleiner Vorgeschmack für unser Reiseziel? Im vollen ICE ergattern wir im Speisewagen noch ein Plätzchen im Bordrestaurant. Das Zimmer im Intercity-Hotel macht seinem Namen alle Ehre, fahren die Trams gerade mal fünf Meter unter unserem Fenster durch. Wir duschen kurz und finden vis-à-vis des Hauptbahnhofes ein thailändisches Restaurant in dem wir zu sehr moderaten Preisen vorzüglich tafeln.

Montag, 18. September

Um punkt sieben Uhr fängt der Pressluftbohrer vor dem Haus an zu dröhnen — eine kurze Nacht. Auch das als Kaffee getarnte Abwaschwasser bringt uns nicht gross in Fahrt, trotzdem beziehen wir um halb zehn Position vor dem Schalter der Gulf Air am Flughafen. Die grosse Halle ist fast leer, an unserem Schalter sind vielleicht insgesamt zehn Leute. Einer von ihnen hat da so Probleme mit dem Fahrradtransport. Beim Schlendern in der Halle fällt mir eine Dame mit dem Geo-Tours-Leibchen auf, und so kommen wir zu unseren Flugtickets. Das ganze Team ist komplett und wir trödeln Richtung Flugzeug. Die Boeing 767 wird knapp ein Drittel voll und startet pünktlich Richtung Südosten. Die «Highlights» des Fluges sind bestimmt der Tee, den wir nachher nirgendwo ergattern können, das Ausfüllen des Bewertungsblattes mit dem legendären «Infight-Service» und die exotischen Kostüme der Stewardessen. Nach fünfeinhalb Stunden erreichen wir Bahrain, es ist mittlerweile elf Uhr abends, die Temperatur bloss zweiunddreissig Grad und feucht. Mit Verspätung hebt dann der Airbus 320 Richtung Dubai ab, nun auf den letzten Platz mit Geschäftsleuten gefüllt. In Dubai wird die Maschine klinisch gereinigt, der Flug ging ja auch fast eine gute halbe Stunde.

Dienstag, 19. September

Kurz nach Mitternacht gelangen wir nach Muscat und passieren die Zollkontrolle und treffen auf B., diesmal ohne Bart. Wir fahren zum Gulf Hotel und besprechen beim Welcome-Schlummer-Trunk den ersten Tag. Die Zimmer sind auf knapp achtzehn Grad runtergekühlt, dafür ist das Warmwasser gerade zweiundzwanzig... Schon um halb acht geht es los mit Frühstück. In einem — klimatisierten — Büssli fährt uns Krishnan, unser indischer Driver, zu einer nahegelegenen, modernen Moschee. Am Hafen von Mascarat bummeln wir durch den Fischmarkt, recht sauber, es geht sehr gesittet zu. Am Palast halten wir kurz und bummeln in der brütenden Hitze durch die umliegenden Strassen. Wir fahren zum Al Bustan Palace Hotel. Die Halle des Hotels ist dreiunddreissig Meter hoch, der Durchmesser misst rund vierzig Meter. Dieses Hotel wird als eines der drei besten der Welt gewertet. Um das zu beurteilen fehlt es uns aber doch am nötigen Kleingeld. Wir fahren zum Hafen zurück und essen in einem schönen Lokal an der Corniche. Eine breite Vielfalt von lokalen Spezialitäten wird in solcher Menge aufgetragen, dass unweigerlich die Frage aufkommt, wer uns noch käme? Nach dem Schlemmermenü entführt man uns auf eine Dhau-Fahrt entlang der recht steilen Küste. Wir sehen Delphine und springende Thunfische. Selbst auf dem Boot — wir sitzen alle im Schatten — kann das flaue Lüftchen kaum zur Linderung der Hitze beitragen. Zum Sunset gerade recht gelangen wir zum science-fiction-mässigen Aussichtsturm, der den Weihrauchgefässen nachgebildet sein soll. Die Aussicht über Hafen und Meer ist sehenswert. Es wird schnell dunkel, Zeit für einen Bummel durch den Souk. Dieser Markt ist mit geflochtenen Bastdecken abgedeckt um die Sonne abzuhalten, um diese Abendzeit schafft er eine fast heimelige Atmosphäre, die exotischen Düfte, Gewürze, Messerverkäufer und Händler jeder Provenienz, wenige Bettler und fast ebenso wenige Frauen gehören dazu wie unzählige Mobiltelefonheinis und die vielen Inder, denen achtzig Prozent der Geschäfte im Souk gehören. Erstaunlicherweise wird man hier auch nicht angesprochen oder fast in den Laden hineingerissen wie in anderen arabischen Ländern fast üblich. Ein kleines Lächeln genügt meist, um das Gleiche als Antwort zu bekommen. Ein Milchtee beendet diesen schönen Rundgang. Zurück im Hotel wasche ich gleich das weiss-geschwitzte T-Shirt aus und verputze noch ein Stück Pineapple-Cake als Z’nacht. Am Pool nehmen wir noch ein kühles Bier zu uns.

Mittwoch, 20. September

Der Tag steht zu unser freien Verfügung, sodass zu einer vernünftigen Zeit gefrühstückt werden kann. Ich begebe mich zum hoteleigenen Strand, nicht besonders sauber oder schön, aber in der Affenhitze bleibt da nicht viel anderes zu tun. Das Wasser ist — wie zu erwarten — sehr warm, auch sucht man sowas wie Wellen vergeblich. Ich kann mich nicht erinnern, in den letzen drei, vier Jahren jemals so geschwitzt zu haben. Und in die Wüste kommen wir ja erst noch. Über Mittag ist es nun so heiss, dass sich alles nur am oder beim Pool abspielt, auch hier ist das Wasser mehr als warm. So ziehen sich immer mehr Tourteilnehmer an die schützende Klimaanlage zurück, während das Heinzli auf eigene Faust das Küstengelände unsicher macht. Gegen Abend, mit einem schönen Sonnenuntergang trifft man sich wieder am Pool, die älteren Herrschaften vernimmt man mit der langsam bereits bekannten schwindelerregenden Wortzahl pro Sekunde. Es ist der Beginn von «Pass mal auf,...» oder «Hör mal zu», «Wenn ich das im Klub erzähle» und «Ihr müsst mich jetzt fest in die Mitte nehmen». Diese Sätze gehören nun ab sofort einfach ins Standardrepertoire unserer Gruppe.

Donnerstag, 21. September

Nach dem Frühstück beladen wir die beiden Toyota-Land-Cruiser, ein kleiner letzter Shoppingstopp in Muscat, dann fahren wir auf der Asphaltstrasse Richtung Süden. Nach der Überquerung eines Passes halten wir in einem kleinen Nest zum Tee. Ein Stückchen weiter kommen wir ans Meer, nach Quriyat. Auf dem dunklen Sandstrand liegen viele Boote und Fischabfälle. Nahe des Strandes steht ein alter Turm im Wasser der nur bei Ebbe zu erreichen ist. Wir fahren über mehrere Hügelketten in ein Wadi. Zuerst durchqueren wir den Fluss, indem eine ganze Familie in kompletter Bekleidung im Wasser sitzt. Kurz danach ist die Holperstrasse zu Ende. In einem langen Becken können wir schön schwimmen. Das Heinzli weiht seine im Souk erstandene Badehose unter grossem Applaus ein. Ein kleiner Imbiss mit Self-Service trägt zur guten Stimmung bei. Auf der Rückfahrt zum Meer passieren wir mehrere Pässe, zwischendurch ergeben sich viele Ausblicke in Täler mit Forts, grünem Talboden und künstlich bewässerte Äckerli. Über ein letztes steiles Stück erreichen wir die Küstenebene, auf der wir weitere vierzig Kilometer Richtung Osten fahren. Es dunkelt bereits, als wir unser Ziel, eine Bucht mit Kiesstrand, erreichen. Mehrere Autos stehen da links und rechts, sodass wir unser Lager in Strandmitte errichten: Bastmatten werden ausgerollt die Essenskiste drumherum, fertig. «Keine Duschen, aber eine Lightshow mit tausenden von Scheinwerfern». Die Schlafmatten sind nach einer knappen Stunde schon total feucht. Für die Badenden ist das Meeresleuchten die einzige Freude, denn das Wasser ist fast gleich warm wie die Luft. Die Abkühlung kommt erst in der Nacht.

Freitag, 22. September

Nach einer allgemein unangenehm empfundenen Nacht beginnt das Frühstück um halb sieben, es ist schon wieder heiss, kurz darauf fahren wir nach Tiwi. Nach dem Ausblick auf die Mündung, ohne fliessend Wasser, halten wir kurz vor einer kleine Teestube. Die Dorfjugend hat was zu gucken, das Heinzli entdeckt RC-Cola. Mit einem Fischerböötli überqueren wir den kleinen Fluss und nehmen die Wanderung durchs Wadi Shab in Angriff. Unser Tourleiter schlägt ein zu forsches Tempo an, sodass der ältere Teil der Gruppe zurückbleibt. Die Hitze staut sich in dem engen Tal an, die Ausblicke auf den meist im Schatten gelegenen, gegenüberliegenden, Talboden sind toll. Das Wadi macht nun einen grossen Bogen und kurz danach wird ein Weiterkommen fast unmöglich. So gibt es nur eines: Nach unten. Nach oben gibt es aber kein zurück mehr. Nur unten, dem angenehm frischen Wasser nach, gibt es ein einfaches Durchkommen. Nach mehreren Becken bleibt gerade ein kopfgrosser Zwischenraum, den man von Fröschen streng beobachtet, durchschwimmen kann. Am Ende ist ein Wasserfall mit einem Tau nach oben. Ich kehre um, und versuche meine Tasche mit der Kamera und der «heiligen» Melone trocken aus dem Tal herauszubringen. Ausser der Tasche ist nachher auch alles bachnass. Bei meiner Rückkehr am Ausgangsort bringt eine kleine Manöverbesprechung eine Nervenberuhigung der ohnehin erhitzten Hitzköpfe. Die drei Stunden geschüttelte Melone muss auch daran glauben. In einem kleinen Lokal mit heizender Klimaanlage am Dorfausgang gibt es Reis, Fisch, Huhn und Salat. Wir folgen weiter der Küste und sehen unzählige bewegte Meeresstellen: Fischschwärme. Bei einem kurzen Halt auf einem Kiesstrand unweit eines Dorfes springt uns erneut die Feuchtigkeit an, sodass Bernd mit seiner Idee, in die Berge zu fahren, offene Türen einrennt. Zuvor wird ein kleines Lädeli einen Teil seiner kühlen Getränke an uns los — bestimmt das Geschäft der Woche. Die steile Piste ist recht ausgewaschen, trotzdem kommen wir in gut zwanzig Minuten auf über siebenhundert Meter, das Klima ist weniger feucht und nur noch angenehm warm. Die unzähligen Dhaus, die aus Sur zum Fischen kommen, und die umliegende Landschaft sind das Rauffahren allemal wert. Ich und Heinzli machen Heimatabend, dazu gehört Sternschnuppen- und Satellitenzählen.

Samstag, 23. September

Während des Frühstücks kreisen drei weissköpfige Adler majestätisch über dem engen Tal, der Ausblick auf die Küste im Gegenlicht beeindruckend. Kurz danach wird das Schnorchelzeug ausgepackt, auch die hier gewonnenen Eindrücke sind individuell stark verschieden. Der Küste nach gelangen wir nach Sur. Vor dem Mittagessen bleibt noch freie Zeit, die sehr unterschiedlich genutzt wird. Der Schweizer Chef-Ethnologe betreibt Marktforschung in Reinkultur, andere wiederum besichtigen kleine Gassen, oder schmutzige Hinterhöfe. An einer Kreuzung lasse ich mich, im Schatten, nieder, und lasse das Leben an mir vorbeirauschen, das heisst: vor der engen Einfahrt in die nächste Gasse hupt jeder einmal kräftig, Schulkinder haben offensichtlich Schulschluss. Später versammeln sie sich spontan vor uns, um sich knipsen zu lassen. Zwei kleine Jungen brauchen zuvor etwas Zeit, um sich vor dem Rückspiegel eines Autos fein zu machen. Der Orientierung halber durchqueren wir einen kleinen Hundefriedhof und kommen mit grossem Hunger zurück zum Restaurant. Das hier servierte Curry stellt alle Curries dieser Welt in den Schatten — und diese Aussage von mir — das will was heissen. Wir fahren zu den Dhauwerften. Mit äusserst rudimentären Werkzeugen werden die Boote immer noch gleich wie vor hunderten von Jahren von Hand hergestellt, der einzige Unterschied besteht aus dem Einbau eines Schiffmotors. Wir verlassen Sur und wollen nochmal baden. Am ersten Beach versucht B. den Landcruiser Richtung Erdmittelpunkt zu bewegen, was ihm nicht schlecht gelingt. Krishnan schüttelt, leicht verwundert, den Kopf. Wir fahren weiter, die Piste schlängelt sich durch Schokoladenberge — entsprechende Gelüste werden wach. Danach öffnet sich eine grosse Ebene. Ein ganz mysteriöser, gelblicher Dunstschleier liegt über der ganzen Gegend, zwischendurch tauchen Kamele, sprich Dromedare, auf. Gegen fünf gelangen wir zum Strand von Ras Al Junayz, dem Naturschutzgebiet für Schildkröten. Die Temperatur ist richtig angenehm, ein frischer Wind bläst und die tolle Brandung lädt zum Body-Surfen. Kurze Zeit später kommt die Frage auf, ob eine Fahrverbindung zur nicht allzu nahen Waschgelegenheit (mit fliessend Wasser!) eingerichtet werden soll. Nach einem kleinen Dinner, begleitet von untertischischen Ameisenangriffen, findet eine weitere unerwartete Attraktion statt: In der absoluten Dunkelheit läuft ein schmetterndes Radio durch die Nacht und bleibt zwanzig Meter von unserem Lager sitzen. In wenigen Minuten haben wir die ganze Bandbreite sämtlicher Radioprogramme dieses Gebietes und sämtlicher Störfrequenzen intus. Der Generator tut ein übriges, um auch hier die Stille definitiv totzukriegen. Die entsprechende Radio-Nachfrage wird mit Security beantwortet. Das Taschenlampengefecht wird nach den Neun-Uhr-Nachrichten beendet bevor, bereits bis ins Detail geplante, Niederschlagsaktionen stattfinden können. Krishnan gibt uns noch den Tip, morgens an den Strand zu gehen.

Sonntag, 24. September

Noch vor Sonnenaufgang ist das Heinzli unterwegs Richtung Beach, wir folgen ihm. Und tatsächlich: der Strand ist von knapp hundert frischen Schildkrötenspuren zerpflügt, die tiefen Mulden schauen fast alle frisch angelegt aus. Sechs oder sieben Nachzüglerinnen, bis einen guten Meter lang, sind auf dem Weg zum Wasser, alle zwei, drei Meter verweilen sie kurz, um zu verschnaufen. Haben sie dann endlich eine grosse Welle erreicht, strecken sie noch kurz den Kopf zum Wasser raus, als ob sie sich orientieren müssten, danach tauchen sie endgültig ab. Forschungen haben ergeben, dass ein Teil der hiesigen Schildkröten aus Sri Lanka kommt. Immerhin eine Strecke von über zweitausendachthundert Kilometer. Die Sonne ist mittlerweile aufgegangen, sodass man nun alle Tierspuren auf den Strand erkennen kann: Krabben, Vögel und ein Raubtierspuren, vermutlich ein Schakal, der die Schildkröteneier wieder ausgraben will. Nach dem Frühstück gibt es nochmal Badepause. Als dann Krishnans Wagen nach dem dreissigsten Versuch doch noch anspringt, fahren wir Richtung Süden der Küste nach. Von der imposanten Steilküste hat man einen tollen Ausblick aufs Meer und aufs Landesinnere auf kleinere Dörfer. Nun wird die Küste wieder flach und wir folgen einem endlosen, leeren Sandstrand. Wir biegen ab auf die asphaltierte Hauptstrasse und fahren nach Al Kamil. Die Fahrer kümmern sich um einen Ersatzwagen, wir übrigen suchen ein Restaurant auf. Nach dem üblichen Menü mit Reis, Fisch und Huhn fahren wir über eine grobe Piste in den im Osten gelegenen Gebirgszug. Die Felsformationen zeichnen sich durch eine breit gefächerte Farbpalette von hellgrün bis fast pechschwarz aus. Über einen kurvenreichen Pass gelangen wir ins Wadi Bani Khalid. Das Bachbett ist gegen Ende unpassierbar, sodass wir erneut unserem forschen Leithammel zu folgen versuchen. Das Marschtempo lässt auch diesmal nichts zu wünschen übrig, heisst es doch heute, eben oben angekommen: «Heute schlage ich ihn tot». Wir anderen sind, zuvor ebenso in Schweiss gebadet, schon in den länglichen Becken verschwunden. Die Wassertemperatur dürfte bei angenehmen sechsundzwanzig Grad liegen. Die ersten kehren, der drohenden Dunkelheit folgend, den Rückweg entlang der Falajs an, sodass für das nun im Zweikampf erfolgende Turmspringen die Punkterichter fehlen. Als wir dann das untenliegende Dorf erreichen, ist es bereits stockdunkel. Die zwei Restaurants im Ort haben Open-Air-Fernsehen, in gedrängten Reihen sitzen und stehen die Einheimischen, natürlich nur Männer, und schauen den indischen Love-Crime-Prügelfilm. Die hiesigen Autobesitzer zappen sich also von Restaurant zu Restaurant, sprich von Film zu Film. Bernd findet den Campingplatz auf Anhieb, die vielen Mücken uns ebenso schnell. Als Mahlzeit wird Gemüseeintopf mit chinesischen Nudeln gekocht. Die Würschtli sind mehr als Al-Dente. Ich baue ein Zelt auf und verziehe mich auch sogleich hinein. Mückenangriff in solcher Zahl — nein danke.

Montag, 25. September

Kurz nach Mitternacht kräht der erste Hahn, auf der nahen Strasse fährt ab und zu ein Auto vorbei, klatschende Hände sollen wohl der Vernichtung dem hochsummenden Mückenschwarm Eindruck machen. Die lokale Hahnpopulation versteht wirklich was von ihrem Handwerk, denn beim Frühstück, noch vor sechs Uhr, nur halbwache Gestalten herumtappen. Kaum steigt die Sonne über den Horizont ist es auch schon wieder heiss. Eine kurze Zeit später erreichen wir, ein kleines Stück abwärts, das Ende der Strasse. Ein kurzer Spaziergang im Schatten entlang der Bewässerungskanäle unter Dattelpalmen bringt uns in ein fast als paradiesisch zu bezeichnenden Teil dieses Tales. Ein passendes Fussbad im Bächli ist bestimmt besser als ein «Weisst Du, so ein kräftiger Schluck Whisky am Morgen». Wir fahren zurück zur Hauptstrasse und kommen über eine endlose Ebene zum Treffpunkt der Autoübergabe. Die Wasservorräte werden aufgefüllt, im Restaurant werden wir zum Kamelreiten aufgefordert. Das Heinzli macht, wie üblich, die Läden unsicher. Nach roasted chicken vertreiben wir uns die Zeit mit omanischem Spezial-Boccia. Zwei Inder leisten uns dabei Gesellschaft, das heisst: sie gewinnen. Bevor wir endgültig die Zivilisation verlassen führt uns Krishnan zu Bekannten am Rande der Wüste. Das grosse Haus gehört einem Kameljockey, wir werden mit Früchten und speziellem Kaffee bewirtet. Die Luft aus den Reifen wurde bereits abgelassen, so folgen wir den langgezogenen Dünentälern, die zwischen drei- und vierhundert Meter breit sind, die sie begrenzenden Dünen sind bis etwa fünfzig Meter hoch. Unser Lager, welches wir kurz vor Sonnenuntergang erreichen, liegt auf einer der Dünental-Trenndüne vorgelagerten Düne. So kann bei Tageslicht der Schlafplatz gesucht werden, ein Teil der anderen schaut lieber beim Parkieren zu. Das Abendessen beschränkt sich auf was Kleines, denn das Mittagsmahl ist ja noch nicht allzulange her. «Ob ich wohl noch ein Joghurt esse?» gibt den Ausschlag, mich etwas abseits von der Gruppe hinzusetzen. Zum Schlafen beziehe ich nun den höchsten Platz. Die Stille und Weite — so geul!

Dienstag, 26. September

Der Sonnenaufgang ist unspektakulär, das Frühstück wie üblich. Alles ist zum Abfahren bereit, doch wird die Abfahrtszeit verschoben, was uns Gelegenheit gibt, einer fischähnlichen Echse zu folgen und die schwarzen Pillendreher beim ausdauernden Kampf zu beobachten. «Ich fühle mich schon wie paniert». Wir folgen den Dünentälern, die nun immer flacher und schmaler werden. Im anderen Wagen jagt B. ein Wildschwein mit traurig verkehrtem Schwanz. Es geht auf und ab, in der grössten Hitze erreichen wir eine wenig attraktive Wasserstelle inmitten einer Kieswüste. «Lasst uns hier Tee kochen». «Geul». «Aua». Dem armen Heinzli hat ein kräftiger Windstoss den heissen Tee über den Fuss gewindet. Der recht kräftige Wind sorgt mit der blauen stinkenden Plane für die einzige akustische Unterhaltung dieser Pause. Es geht weiter: auf und nieder, nun mit kleinen Büschen als einziger Vegetation. Die Strecke bietet nicht allzuviel Abwechslung, sodass wir unsere Ausrüstung um Wertungskarten erweitern. Wir erreichen ein kleines Nomadenlager mit einem jungen Kamel. Schon ein kurzes Stück weiter beginnt ein neues Dünengebiet, welches sich als ideale Lagerstelle entpuppt. Zeit genug für Spaziergänge und Sunset-Watching, allerdings auch hier recht farblos.

Mittwoch, 27. September

Als wir erwachen, ist alles nass. Eine Wolken-Nebeldecke zieht sich weit bis ins Landesinnere. Nach dem Frühstück klart es auf, unsere Sachen sind aber noch nicht ganz trocken — was soll’s. Wir queren ein grosses Dünengebiet mit kleinen bewachsenen Dünen. Wir erreichen eine etwa fünfzehn Meter hohe Düne, die mit ein paar wenigen Bäumen bewachsen ist. So kann man im Schatten auf der Düne sitzen und ohne gekocht zu werden das Land herum bestaunen. «Ja, lass uns wieder mal navigieren.» Mit kleinen Fussmärschen, um die Wagen von unserem Gewicht zu entlasten, erreichen wir einen stark bewachsenen Streifen, dem wir folgen und kurz darauf auf einen Brunnen stossen. Ein Einheimischer duscht hier ungeniert. Nun fahren wir über eine Kiesebene, die Piste ist recht holprig geworden. Fast urplötzlich öffnet sich das Land, wir erreichen erneut ein Dünengebiet und begegnen mehreren Kamelen. Krishnan arbeitet hier mit Schwung. Die Aussicht ist grandios, über verschiedene Dünenketten hinweg erreichen wir unseren Mittagsrastplatz, der von mehreren Bäumen und zwei Palmen umsäumt ist. Die Weiterfahrt verläuft durch Kiesebenen, die mit Baby-Dunes durchzogen sind. Nach etlichen Richtungsänderungen gelangen wir schliesslich zu den Salzebenen an der Küste südlich von Al Nakdah. Weit draussen sieht man Wasser und eine flache Insel. Der Hauptstrasse folgen wir über eine endlose Kiesebene bis es fast dunkel wird. Wir übernachten auf dieser Kiesebene. Kurzzeitig verziehe ich mich zum Privat-Apéritif mit Fund eines undefinierbaren Gehörns. Der Mond kommt erstmals zur Geltung. Good-night-lingelingeling, goodnight lingelingeling, four, three, two, one — too late.

Donnerstag, 28. September

Nach dem Frühstück verlassen wir den mit Note 0 bewerteten Lagerplatz und kommen am Rande der Ebene zu einem Dorf. Die halbe Dorfjugend läuft zusammen und will fotografiert werden. Wir tanken, fahren quer durch die Siedlung zur Hauptstrasse, die Richtung Küste führt und halten ganz kurz und den sozialen Wohnungsbau zu knipsen. Nun erreichen wir einen Felsabbruch, vermutlich ein ehemaliger Küstenverlauf. Hier finden wir tolle Steine und machen Neandertaler-Fotosession. Wir kommen an die Küste und können an der Wasseraufbereitungsanlage unser Wasser auffüllen. Die Strasse verläuft in Küstennähe, so biegt Bernd plötzlich links ab und nach einer kurzen schluchtähnlichen Durchfahrt mit Sand landen wir in einem zurückversetzten, weissen Dünengebiet. Zuerst fahren wir an den Strand. In der Lagune sehen wir von Ferne Flamingos. Zum Baden ist die Lagune watend zu durchqueren. Ich lasse meine Schuhe auf der anderen Seite zurück. Da man meinem Beispiel nicht folgen will, haben wieder andere etwas zu Lachen. Den Hintern in der Luft, der Kopf unter Wasser, ein Bild für Götter. Aber immerhin kann er selber danach auch noch lachen. Nach dem Bad wollen die einen Fisch essen gehen. Wir Jungen protestieren mit Erfolg, sodass wir erst mal unsere Sachen trocknen können, das Heinzli braucht vorweg eine kleine Dünenwanderung. Wir kehren zum Strand zurück und können der Küste folgen. Mehrere kleine Buchten glänzen mit pinkfarbenem Strand — Millionen kleiner weiss-rosa-farbenen Müschelchen. Eine grosse Bucht wird auf einer Seite von zwei Dünen begrenzt «da muss ich jetzt rauf, da könnt ihr machen, was ihr wollt». Kurz danach kommen wir an einer grünen Lagune vorbei. In Al Khaluf wird Fussball gespielt, von einem Restaurant und Fisch ist nichts zu sehen, danach kommen wir zu einem endlosen, vielleicht zehn Kilometer langen, vielleicht hundert Meter breiten Strand. Bernd hat sich kräftig verfahren, denn wir haben Oman verlassen: «In Oman gibt es keine Wale». Hier liegt ein toter, gut neun Meter langer Killerwal. Ganz am Ende der Bucht schlagen wir unser Lager auf. Die Autos stehen auf einer leicht schrägen Felsplatte, die berühmte Bastmatte davor. Heinz und ich gehen inmitten von Krabben und Rochen zum Schwimmen. A., U. und E. sind mittlerweile mit dem Aufbauen der Zelte beschäftigt. Nach dem Abendessen taucht plötzlich ein kleiner Skorpion auf, den Krishnan mit einem Stein zerdrückt. Keine halbe Stunde später, wir sitzen gemütlich beim Tee, erscheint der zweite Skorpion, der das gleiche Ende findet. Nun entschliesse ich mich, auch ein Zelt aufzubauen. Bernd hat noch ein Dreierzelt, in das ich mich bald verziehe, er selbst schläft auf dem Auto. «Die Tierbauten... haltet Euch vor Büschen fern», aber auch die scheinen nicht ganz unbewohnt zu sein, denn eine halbe Stunde später werden K. und das Heinzli vom dritten Skorpion zu mir ins Zelt gescheucht. «Wenn ich das im Klub erzähle».

Freitag, 29. September

Erstmals scheint der Himmel leicht rotgefärbt und der Sonnenaufgang ist auch nicht übel. Zeit zum Baden für die einen, andere werden beim Krebsefotografieren unfreiwillig gebadet. Über die Ebene die zum Strand führt fahren wir zur Piste zurück. Nach der zweiten Landzunge kommen wir zurück ans Meer und sehen von weitem weisse Dünen. Das wirklich blendendweisse Dünengebiet unmittelbar am Meer zieht sich über eine Länge von vielleicht vier Kilometern hin, die Breite dürfte etwa das selbe sein. Das Licht mit dem Meer im Hintergrund, unschlagbar. Für mich ohne Zweifel einer der schönsten Plätze dieser Welt. Nach einer fast als wild zu bezeichnenden Knipserei stossen wir wenige Minuten später auf Kamele am Wasser. Am Ende der langgezogenen Bucht sind ein paar Fischer mit dem Ausnehmen von Fischen beschäftigt. Die Fahrt über die Ebne zurück zur Hauptstrasse ist monton und wird nur durch unzählige fliegende Heuschrecken aufgelockert. Ein kurzer Abstecher in Richtung eines Wadis findet wegen Unpassierbarkeit und brütender Hitze unter einem kleinen Baum ein vorzeitiges Ende. «Heute habe ich bestimmt schon drei Liter getrunken.» Ihr Thermometer wird äusserst kritisch gemustert. Der beste Kommentar zu diesem Pausenplatz: «No problem. We have satellites.» In einem Minirestaurant in Ad Duqm essen wir Fisch und Reis, «Tea and milk separat», danach fahren wir zum Meer. In der Bucht vor den hohen hellen Felsklippen sitzen tausende von Möven auf dem Strand. Das Wasser ist aufgewühlt, sodass wir uns ans andere Ende der Bucht verziehen und einen schönen Beach finden. Auch von hier bietet sich ein toller Ausblick auf die Klippen Ras ad Duqm. Über eine steinige Ebene geht es ein bisschen rauf und runter, auf dem letzten Stück kommt uns auf der Hauptstrasse ein quergestelltes Fischerboot blinkend entgegen. Schliesslich gelangen wir nach Madrakah. Das Strässchen in die gesuchte Bucht entpuppt sich als mittlere Herausforderung, die Ankunft der beiden Landcruiser auf der hinteren Strandkuppe ähnelt einem Bullfight. Über der Bucht liegt ein feuchter Nebel, das Meer tobt ganz schön, die Temperatur lässt vorerst zum Pullover und dann bald zum warmen Schlafsack greifen.

Samstag, 30. September

Nach dem Frühstück mit teilweisem Bad, füllen wir am Strand von Madrakah bei der Entsalzungsanlage wieder Wasser nach. Ein krummdolch-tanzender Omani spritzt Erika ab. Wir fahren zur Kreuzung zurück und folgen der Hauptstrasse. Rechts säumen tafelbergartige Felsabbrüche die Strasse. Während wir in einem Dorf auf frische Parathas warten, kommt eine Schulklasse mit eigenen (?) Autos und bestaunt uns. Wir bestaunen sie genauso, wer hat denn schon knapp neunjährige Schulbusfahrer gesehen? An der grünen Lagune machen wir kurz Lunchstopp. Mir sind die Flamingos wichtiger. Ein kurzes Stück weiter nördlich stossen wir auf ein gestrandetes Dhau, das mit dem blaugrünen Wasser und Himmel und dem dahinter gelbleuchtenden Strand eine Südseekombination abgibt. Die achso berühmte Pinklagoon ist leider ausgetrocknet, doch ein bisschen kann man sichs trotzdem vorstellen. Die Piste verläuft wieder landeinwärts, erst bei Sawqirah stösst sie ans Meer, um dort in einem zwanzigprozentigen Steilstück abrupt auf dreihundert Meter anzusteigen. Auf dem Plateau hat es keine Vegetation mehr, die Gegend erinnert sehr an Gegenden im Hoggar und «das gewürzte Steak von Henryk in Namibia». Umso erstaunlicher ist das Treffen mit den Kamelen, die offensichtlich von der Organisation «Camels for tourists» hierher bestellt wurden. Das letzte Stück der steinigen Mondlandschaft bringt uns auf kurvenreicher Strecke hinunter ans Meer, nach Sharbitat. Durch eine Geisterstadt fahren wir ein kleines Stück Richtung Strand. Im Gegensatz zu allen bisherigen Begegnungen mit Einheimischen werden unsere Wagen innert kürzester Zeit umringt, Frauen wollen ihre Handarbeiten verkaufen, unsere Reaktion Nicht-darauf-eingehen wird gereizt aufgenommen, sodass wir aufs Baden verzichten und uns zurück in die Berge verziehen. Als Ausgleich wird richtig gross aufgekocht. Die Wolken vertreiben heute den Mondschein.

Sonntag, 1. Oktober

Der kleine Canyon in unmittelbarer Lagernähe entschädigt für das Swimming-Pool-im-Schlafsack-Gefühl der kurzen Nacht und so starten wir punkt acht zu einer langen Etappe. Die ganze Strecke ist landschaftlich wenig reizvoll, sehr lange durchfahren wir endlose Kiesebenen, einzig die selten kreuzenden Laster, ein paar auftauchenden Kamele, Parkplätze oder Rastplätze in der Einsamkeit und lange Ölleitungen mit den dazugehörenden nickenden Pumpen sind zu sehen. An einer Wasser-Pumpstation füttert das Heinzli ein Kamel mit einem Blüämli «sonst muss es sich noch bücken». Die Piste ist in gutem Zustand, so erreichen wir Thumrayt an der Strecke Salalah–Muscat kurz nach mittag, unterwegs begleiten uns mehrere Windhosen. In einem richtigen Restaurant mit chambre separée gibts feines Huhn und Fisch, als Nachspeise sogar Schokolade und Icecream. Wir halten kurz vor Shisr, Heinz möchte an diesem schönen Ort Tee kochen, K. graben und ich einfach meinen Schlafsack trocknen. Nach Shisr biegt Bernd einfach von der Piste ab und findet hinter drei sanften Felshügeln eine Düne. «Hier war ich auch noch nicht». Der obligate Lagerplatz-Windtest wird ein Hammer: Als das Heinzli, wie befohlen, vor Bernds Wagen den Sand hochwirft, klatschen die Steine so gegen die Frontscheibe dass es nur so schlackt. «Und dass mir jetzt keiner über die Düne geht». «Sind die Nüsse eigentlich zum Verzehr gedacht?» Der Schlafplatz ist schnell gewählt. Die verschiedenen Aussichtspunkte in Lagernähe werden in Beschlag genommen und erst nach Sonnenuntergang verlassen. Vor dem Sunset verfolge ich noch vier Kamele. Auf der Düne ist es warm mit angenehm fächelndem Wind unter hellem Mondlicht.

Montag, 2. Oktober

Nach einer gegen morgen auffrischenden Nacht auf der einzigen Düne weit und breit und einem schönen Sonnenaufgang und Frühstück besuchen wir die berühmte Ausgrabungsstätte von Ubar. Viel ist nicht zu sehen, das einzige Satellitenbild in dem winzigen Museum reisst uns auch nicht vom Hocker. Die Stadt war ehemals von acht Wachttürmen und einer Mauer umgeben. Immerhin erfahren wir, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt neben der ehemaligen Stadt schon mehr als vierzig verschieden Fundorte registriert wurden und dort Speerspitzen, die mehr als viertausend Jahre alt sind, und viele Gegenstände aus dem römischen Reich, dem antiken Griechenland, Syrien, Ägypten und sogar China, von dort stammt ein Schachspiel aus dem fünften Jahrhundert, gefunden wurden. Urbar scheint der Knotenpunkt von verschiedenen Karawanenstrecken gewesen zu sein. Die Amerikaner haben während fünf Jahren geforscht und danach das Projekt beendet. Über uns übt die omanische Luftwaffe Überschallflüge. Der Stützpunkt ist nur neunzig Kilometer entfernt, bewusst in der Nähe der Grenze zu Saudiarabien und zum Jemen gebaut. Die Engländer haben dort die Leitung und liefern auch die meiste Ausrüstung. Auf der Weiterfahrt sehen wir in grosser Entfernung rechter Hand hohe Dünen — den Beginn der Rubal Khali, doch zu weit und zu heiss. Die durchfahrene Landschaft unterscheidet sich von der gestrigen nicht: flach, kiesig, fast ohne Vegetation, dafür sind die paar wenigen Kamele fast schwarz. Unter zwei Felsvorsprüngen machen wir kurz Rast, danach geht es weiter durch und über fast vegetationslose Canyons. Schliesslich kommen wir zum Ende des Plateaus in Küstennähe, das auf gut tausend Meter liegt. Es wächst nun schon leichtes grün, wir queren die Asphaltstrasse und tuckern auf einer steilen Holperpiste nach Rayksut. Die Landschaft wechselt von Minute zu Minute, für die dreiundzwanzig Kilometer brauchen wir aber auch eine ganze Stunde, von der Taiga zur Toskana über vierhundert Meter hohe Steilküste und Kamele ohne Ende. Wir lagern am Ende des Beaches, baden ist hier nochmal angesagt, obwohl das Wasser recht kalt ist. In der Bucht springen Delphine, davor sitzen zwei Kamele auf dem Sandstrand. Der Mondschein glitzert über den Wellen.

Dienstag, 3. Oktober

Nach mehrfachem Baden gestaltet sich die Rückfahrt zur Hauptstrasse wegen der unzähligen Fotostopps langwierig. Die vielen Kamele, Flaschenbäume und Ausblicke lassen die Auslöser klicken wie wild. An der Hauptstrasse angekommen, biegen wir nach rechts, Richtung Salalah ab. Über teilweise steile und scharfe Kurven, die im Hinterland in Serpentinen mit gewaltigen Erdarbeiten erstellt wurden, kommen wir mit kurzen Halten für Canyonbilder zum Übergang von der Steil- zur Sandküste. Kleine Blaslöcher mit entsprechendem akustischen Reiz sind zu hören, zu sehen gibt es nicht allzuviel. Nach kurzem Fruchtstopp und kurzem Anhalten bei Weihrauchbäumen glangen wir in die tropisch anmutenden Plantagen von Salalah. Mir fallen zuerst die vielen Zäune und Mauern auf, mit Kokosnussgenüssen verlassen wir also die unzivilisierte Welt um kommen kurz danach zum Holiday Inn. Nach kurzem Meerbaden hüpfen wir noch in den Pool, an der Bar ist aber bis sechs Uhr nichts zu bekommen. Mit frischen oder zumindest frischgewaschenen Sachen gehen wir omanisch essen. Das Ambiente des, von aussen eher an ein Chalet erinnerndes, Lokal ist wirklich speziell: keine Stühle oder Tische, dafür eine wandgrosse Fototapete mit richtig Wald und Bergbach, Fernseher und grelles Neonlicht. Wir sitzen auf Kissen und bekommen zu den bekannten Fisch, Huhn und Reis Süsskartoffeln, verschiedene Saucen und Pasten vorgesetzt. Der anschliessende Spaziergang durch den Souk ist interessant, überall wird man freundlich begrüsst, im Hotel hingegen ist alles geschlossen, dafür läuft auf dem Strandgelände des Hotels eine grosse Party mit Musik bis morgens um zwei.

Mittwoch, 4. Oktober

Nach einem frühen Frühstücksstart fahren wir der Küste nach bis nach Tagah. Von einem Fort-bestandenen Hügel haben wir einen schönen Ausblick auf die kleine Stadt und die Küste. Das Museum gibt nichts her. Die Tagestour geht weiter nach Marbat. Die Zeit steht zur freien Verfügung diese vielleicht nicht mal so untypische omanische Kleinstadt zu besichtigen. Die alten Häuser am Hafen mit schönen Fenstern und Fensterläden aus Holz sind hübsch, die meisten allerdings verfallen und werden so von Katzen und Ziegen als begehrte Aufenthaltsorte mit Schatten benutzt. Ein grosser Friedhof mit einem weissen Grabmal ist der letzte Halt vor der Mittagsrast am Beach. Doch darf hier wegen starker Strömung von Mai bis Oktober nicht gebadet werden, so sitze ich im Badehäuschen im Schatten und futtern die Resten aus der Kühlbox — zum letzten mal im Gelände. Nach einem Tankstopp tuckern wir nochmal landeinwärts in die vegetationsärmeren Höhen. Auf der höchsten Kette halten wir, und sagen der schönen Wüste adieu. Nur fünfhundert Meter weiter halten uns Kamele auf. Das Heinzli findet einen Wesensverwandten und bildet so das Zentrum für ein Gruppenbild. In der Stadt verabschieden wir uns von Krishnan, der sich auf den Weg Richtung Muscat macht. Wir gehen nochmal in den Souk und treffen auf einen Hochzeitsumzug. Um am weiteren Verlauf teilnehmen zu können «wir sind zur Hochzeit eingeladen», machen wir Duschpause und fahren zum Souk zurück. Das ausgesuchte Lokal hält eine dürftige Speisekarte bereit, sodass der jüngere Kern sich was besseres vis-à-vis des Platzes sucht. Der Verlauf des Festes verläuft so eintönig, sodass wir uns erneut absetzen, diesmal zum Eisessen auf dem Dorfplatz. Dafür können wir «im Klub dann auf die Kacke hauen».

Donnerstag, 5. Oktober

Nach einem frühen Bad im Pool und dann im Meer komme ich zum Frühstück, das Heinzli ist schon weg. Ich nehme mir Zeit fürs Frühstücken, packen und nochmal schwimmen und ein letztes Mal bodysurfen. «Der letzte Tag ist für die Kollegen». Um vier ist die ganze Crew abreisebereit. Die Fahrt zum Flughafen dauert nur wenige Minuten, der Check-in braucht da doch etwas länger. Wir verabschieden uns von Bernd. Mit Schokolade wird der Rückreise-Frust leider nicht allzustark gedämpft, ein letztes Bild von unserm Airbus 320 auf dem Flughafen von Salalah in mildem Abendlicht. Ich tue es fast dem Papst gleich und küsse die omanische Heimaterde. Der Flug nach Muscat ist angenehm, die charmanten Stewardessen der Oman Air beweisen uns nochmal die Gastfreundschaft ihres Landes. Bis zum Weiterflug vertreiben wir uns die Zeit. Auch diesmal gibt es vor Bahrain eine Zwischenlandung und zwar in Al Ain, einer Oasenstadt, noch nie gehört. Das Flughafengebäude gleicht von aussen einem verschnörkelten Palast. In Bahrain gucken wir noch ein bisschen in die Auslagen der Dutyfrees bevor wir dem Orient endgültig ade sagen. Die Maschine ist ziemlich leer, so hat jeder eine Sitzreihe für sich und kommt nach dem Nachtessen so wenigstens zu ein bisschen Schlaf bis nach kurzen Stunden schon das Frühstück serviert wird.

Freitag, 6. Oktober

In Frankfurt angekommen warten wir erstmal ein nettes Weilchen auf die Passkontrolle. Dann gibt es ein kurzes «Tschüss», die älteren Herrschaften verabschieden sich. Im Frankfurter Hauptbahnhof bleibt nun nur noch der harte Kern zurück: wir essen noch was Kleines und rekapitulieren nochmal die amüsanteren Stories der letzten drei Wochen, bevor die beiden ICE’s in gegengesetzte Richtungen davonflitzen. In Basel, es ist schönstes Herbstwetter, steigen wir um, das Heinzli kann sitzenbleiben, ich gehe beim Hauptbahnhof essen . . .

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