Oman: Rub-al Khali-Expedition 1996 (Bernd Spreckels)

 

Fragmente einer Erkundungs-Expedition im Sultanat Oman

Faszination der Rub-al Khali - Wüste / Das „Leere Viertel“ auf der Arabischen Halbinsel

 

Eine Reise reicht bei weitem nicht aus, um ein Land wirklich umfassend kennenzulernen.

GEO-TOURS bereist das Sultanat Oman seit mehreren Jahren. Auf etwa 16 bisher durchgeführten Reisen mit kleinen Gruppen konnten wir bislang schon umfangreiche Reise-Erfahrungen in diesem noch wenig bekannten orientalischen Land sammeln.

 

Das Sultanat Oman, an der östlichen Spitze der Arabischen Halbinsel gelegen, öffnet sich langsam für interessierte Reisende. Der amtierende Sultan, „His MajestyQuaboos, hat das Land binnen 25 Jahren mit Hilfe des „schwarzen Goldes“ aus tiefstem Mittelalter in die Neuzeit katapultiert.

Der Oman ist überwiegend ein Wüstenstaat. Es mißt etwa 80 % der Fläche Deutschlands, bei einer allerdings erheblich geringeren Besiedlungsdichte (lediglich 2,2 Mio. Einwohner). Es ist heute noch eines der unbekanntesten Reiseländer der gesamten arabischen Welt. Die besondere Faszination geht von seinen enorm kontrastreichen Landschaften aus. Schroffe, bizarre Gebirgslandschaften des Hajar-Massives erreichen 3.000 m. Tiefeingeschnittene Wadis (Trockentäler, die nur episodisch nach seltenen, heftigen Niederschlägen Wasser führen) leiten über zu mal ebenen, mal steilen Küstenlandschaften bzw. im Inland zu weitläufigen Schotter- und Kiesebenen. An deren „Enden“, den topographisch tiefsten Stellen der Wüste, wird es richtig sandig. Hier sind ausgedehnte Dünengebiete entstanden, die eine Höhe über Grund von etwa 150 bis 200 Meter erreichen.

 

Das Haupt-Zielgebiet dieser Wüsten-Expedition, die noch nie zuvor von einem Veranstalter durchgeführt wurde, sind die weiten Dünengebiete im Grenzbereich der beiden Länder Oman und Saudi-Arabien. Die hier als „Ramlat“ (= Dünenlandschaft) bezeichneten Gebiete stellen die östlichen Ausläufer der Rub al Khali, eine der größten geschlossenen Dünenregionen der Erde, dar.

 

Arabische Halbinsel, Orient, Oman: Rub-al Khali - Expedition ins Leere Viertel     Arabische Halbinsel, Orient, Oman: Rub-al Khali - Expedition ins "Leere Viertel"

 

Bereits die letzten organisatorischen Vorbereitungen in der Hauptstadt Muscat, gestalten sich äußerst problematisch, da natürlich noch nie zuvor eine lokale Agentur, über die wir Fahrzeuge (3 Toyota-Landcruiser) sowie einen Beduinen als „Driverguide“ erhalten, mit den Anforderungen einer solchen Tour konfrontiert wurde. Geeignetes Kartenmaterial ist vor Ort kaum erhältlich, obwohl vorhanden (allerdings unter militärischem Verschluß). Von Deutschland mitgeführte Spezialkarten mit einer nur zum Teil akzeptablen Reliefdarstellung sowie zur Unterstützung Satellitennavigationsgeräte bilden die Grundlage für eine sichere Orietierung in den offenen Wüstenlandschaften. Die Fahrzeuge müssen natürlich entsprechend wüstentauglich ausgestattet sein, insbesondere mit geeigneter Bereifung, da wir uns ins „Abseits“ begeben wollen. Die gesamte benötigte technische Ausrüstung wurde schon im Vorwege in den Oman geschafft.

 

Arabische Halbinsel, Orient, Oman: Rub-al Khali - Expedition ins "Leere Viertel"

 

Vor dem Einstieg in die Wüste das „Kontrastprogramm Neuzeit“

Während einer mehrstündigen Stadtrundfahrt besichtigen wir vorwiegend neuzeitliche, architektionisch eindrucksvolle Bauwerke: Zawawi-Moschee mit vergoldeter Kuppel, eine kleine Moschee sowie den Sultanspalast in „Alt-Muscat“ und schließlich das Al Bustan Palace Hotel, welches als eine der eindrucksvollsten Hotel-Bauten weltweit gilt. Danach geht’s auf die Spuren des omanischen Seefahrers Sindbad: Mit einer kleinen gecharterten Dhow, einem traditionellen arabischen Holzschiff, tuckern wir für einige Stunden bei nettem Seegang (genau richtig für solch eine kleine „Nußschale“) vor der Küste im Bereich der Hauptstadt. Den Abschluß des Tages bildet ein vergleichsweise luxuriöses Essen im libanesischen Restaurant „Al Pasha“.

 

Die alte Hauptstadt Nizwa und das Westliche Hajar-Gebirge

Eine gut ausgebaute Asphaltstraße verläuft zwischen den beiden Teilen des Hajar-Massivs nach Nizwa, dem religiösen Zentrum des Oman. Wir besuchen die renovierte Altstadt mit den verschiedenen Souks, u.a. bekannt für aufwendige Silberarbeiten, sowie das große Fort mit seinem eindrucksvollen Rundturm. Vorbei am Ruinendorf Tanuf und entlang eines saftiggrünen Wadis geht es über teilweise Serpentinen-Piste auf fast 2000 Meter hinauf ins Hajar-Gebirge. Hier erfolgt nahe des omanischen „Grand Canyon“, einem mehrere hundert Meter tiefen Steilabbruch, die erste und kälteste Camping-Übernachtung, mehr Sterne als jedes Hotel...

 

Richtung Saudi-Arabien

Die Kleinstadt Ibri ist unser letzter Versorgungsposten. Fahrzeuge und alle Kanister für Wasser und Treibstoff werden aufgefüllt. Ab nun ist Wasser das kostbarste Gut an Bord, mit dem sehr spartanisch umgegangen werden muß. Pisten in unterschiedlich gutem bzw. schlechtem Zustand, die z.T. angelegt sind für Explorationsarbeiten (Erdöl und Erdgas, die Dukaten für den Reichtum des Landes), führen durch dunkle Schotter- und Kiesebenen nach Südwesten, Richtung Saudi-Arabien. Kaum haben wir nach Verlassen der Piste den ersten Sand unter den Rädern, sitzen alle drei Fahrzeuge fest.

 

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Kein Wunder, denn mit Straßenluftdruck ist „no go“ im Sand. Also Luftablassen, um die Auflageflächen der Reifen zu vergrößern und buddeln, um aus dem Weichsand freizukommen. Am nächsten Tag werden großen Strecken abseits von Pisten auf kiesigem Untergrund zurückgelegt. Eine einzelne Akazie bietet bei nahezu senkrecht stehender Sonne etwas Schatten für eine Mittagsrast.

Am Nachmittag führt eine Piste mitten hinein in eine Salzsenke. Hier hat nach den letzten größeren Niederschlägen Wasser gestanden. Der Untergrund wirkt noch feucht und tückisch, mit bodenlosen Salzschlamm, in dem Fahrzeuge komplett versinken können. Von daher ist es ein Muß, die Piste nicht zu verlassen.

 

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Am Horizont blicken die Spitzen der großen Dünen des Ramlat Umm As Samim aus dem Geflimmer der heißen Luft heraus. Da wollen wir hin. Die Besatzung eines entgegenkommenden Versorgungs-LKWs einer Erdölstation rät davon ab - dort gäbe es Nichts (aber davon reichlich). Doch genau das und insbesondere „Der Weg ist das Ziel“. Wir errichten unser Lager am Fuß einer etwa 100 m hohen Düne. Die Faszination der „sinnlichen“ Landschaft nimmt uns gefangen. Die Dünen haben etwas Vollkommenes an sich. Sie nehmen im Abend- und Morgenlicht Farbe und Kontur an und erscheinen als vom Wind geschaffene Kunstwerke von makelloser Schönheit. Man zögert, sie zu betreten. Trotzdem: Aufstieg auf den scharfkantigen Grat der Düne und Genießen. Man spürt knisternde Stille um sich herum. Die Struktur des Dünengebietes wird sichtbar: Ketten in Hauptwindrichtung (nordost-südwest verlaufend), dazwischen freie Flächen (sog. Gassis) mit Kies und Salzschlamm bedeckt. Zwei Dünenketten weiter, nach rund 10 km, beginnt Saudi-Arabien. Auf der topographischen Karte ist die Piste zu dieser grandiosen Landschaft eine Sackgasse.

 

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Doch gleiche Strecke retour wäre nicht zielkonform. Eine Erkundigung in einem nahegelegenem Erdölcamp, wo seismische Untergrunduntersuchungen auf Erdölvorkommen gemacht werden, bestätigt mein Vorhaben. Zwischen den Dünen verläuft in unmittelbarer Nähe eine kleine, stark versandete Piste gen Süden. Die Dünen nehmen im gleißenden Licht Cremefarbe an, ohne Sonnenbrille kaum anzusehen.

 

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Ein Militärjeep kommt uns entgegen, zeigt an, daß wir halten mögen. Der Ausweis bzw. die Lizenz unseres omanischen Fahrers wird konfisziert. Man bittet uns, ins Hauptquartier zu folgen. Es war vorher bekannt und von daher nicht überraschend, daß wir in einem strategisch sensiblen Gebiet unterwegs sind. Schau’n wir ‘mal...

 

Entschuldigung, daß wir Euch kontrollieren...

Nach wenigen km ist eine Art Kaserne erreicht. Aus dem Wachturm sind Ferngläser auf uns gerichtet. Im Eingangsbereich warten bereits einige Militärs, z.T. in Zivil. Unser Omani erhält seinen Ausweis zurück Der Kommandant rechtfertigt und entschuldigt sich bei mir für die Kontrolle. Wir sind halt unmittelbar an der Grenze und hier seien noch nie zuvor Touristen aufgekreuzt. Man bittet uns herein in einen großen Aufenthaltsraum. Wasser, Kaffee und Tee wird angeboten. Wenige Minuten später bringen Bedienstete große Tabletts mit Reis und Gemüse sowie Fleisch und Soßen herein. Während im Hintergrund ein Fernseher läuft, hocken wir zu dreizehnt um unser Mittagsmal. Jeder ißt, so gut er kann, mit den Finger. Bestecke gibt es nicht. Als Nachtisch Wassermelone und erneut Tee und Datteln. Die Versorgung der Station ist hervorragend, die Gastfreundschaft und Herzlichkeit umwerfend. Man wünscht uns alles Gute für die Weiterfahrt und wir seien jederzeit willkommen. Ein totaler Gegensatz zu den hunderten von Kontrollen in anderen arabischen Ländern, die mir in den letzten 20 Jahren viele kostbare Wochen und anstrengende Gespräche sowie Unannehmlichkeiten beschert haben.

 

Vollbad in der Wüste

Die Piste windet sich zwischen zahlreichen Dünen hindurch. Plötzlich ein grüner Fleck und ein gemauertes Becken gefüllt mit Wasser. Ein dicker Schlauch zum Füllen endet an einem Wasserhahn. Badezeit. Eine Bohrung erreichte eine wasserführende Gesteinsschicht im Untergrund. Durch die Druckentlastung schoß es nach oben und wurde später reguliert. Solche artesischen Brunnen findet man vielerorts in Wüsten, als Folgeprodukt von Explorationsarbeiten.

Mit einem neuen Lebensgefühl setzen wir unsere Fahrt fort und campieren erneut im Sand, auf einer „Terrasse“ am Rand einer Dünenkette. Die untergehende Sonne taucht die Landschaft in ein fahles Licht.

 

Vom Dünenmeer zum warmen Meer

Zwecks Neuversorgung mit Wasser und Kraftstoff müssen wir zurück zur Aspahltstraße, wo wir eine kleine Versorgungsoase aufsuchen und uns entschließen, einen Abstecher an den Indischen Ozean zu machen. Schon wieder eine Sackgassen-Piste. Wendehammer an einer „Pumpe des Reichtums“. Am Rand eines Erdöl-Fundgebietes ist die Landschaft durch eine Vielzahl von Rohrleitungen und Pumpen verunziert.

An der Steilkante eines Kalksteinplateau brandet uns die Schwüle der aufgeheizten Küstenebene entgegen. In einem kleinen, sauberen Restaurant in dem Fischerort Shuwaymiya gibt es - na was wohl? - herrlich mundenden Bratfisch. Unsere Toyotas mit dem Kennzeichen der Hauptstadt vorm Resto wecken Neugier. Jeder schaut ‘mal herein, um die Fremden zu begutachten. Exotik andersherum, denn so oft gibt es hier keine Besucher.

Nach den Verdauungs-Viel-zu-kalt-Getränken ist, das bietet sich hier richtig an, ausgiebiges Baden im Meer. Die Brandung an diesem viele km langen, weißen Sandstrand ohne Palmen schmeißt einen um. Unmittelbar an der Brandungskante - Pyramiden bis zum Abwinken. Daneben jeweils ein tief in den Sand führendes Loch, Bauten der gelbweißen „Stilaugen-Krabben“, die durch ihre faszinierende Bewegungsart - 8-Fuß-Antrieb in alle Richtungen und das sehr schnell - beeindrucken. Dies nicht nur beim Baden am Strand, wo sie das Weite suchen, sowie sie Erschütterungen im Sand verspüren, sondern insbesondere am Abend. Unser Lagerplatz ist nur etwa 50 m von der Meereskante entfernt.

Je später der Abend, desto mehr Krabben versammeln sich im Lager. Es raschelt und trappelt überall. Somit ist es angebracht, einen Schlafplatz in etwas größerer Entfernung vom Wasser aufzusuchen.

 

Bis zum Anschlag des Makro-Objektivs...

Erkundung des Wadis Shuwaymiyah. Hinter dem Fischerort führt eine kleine Piste in einen phantastischen Kalkstein-Canyon. Abfließendes Wasser sowie auch die Kraft des sandbeladenen Windes haben die Landschaft modelliert und bizarre Felsformationen entstehen lassen. An den Steilwänden tritt vereinzelt Wasser aus, Ursache für Ansammlungen von Palmen und Gräsern. Hier können trotz hypertrockener Luft auch Tiere überleben. Besonders nachhaltig, die Begegnung mit einer weißen Wüstenechse, die auf einem Fels tront. Da die natürlichen Feinde durch Schnelligkeit überlegen sind, hat man als Fotograf nur eine Chance, dichter ‘ranzzukommen, wenn man sich im Zeitlupentempo nähert - bis die Frontlinse fast den Echsenkopf berührt.

Erneut benötigen wir einen Versorgungsort mit „Food-Sale-Shop“ und Tankstelle, bevor es wieder Richtung Saudi-Arabien geht, ins „Empty Quarter“, der schönsten Wüstenregion des Sultanats.

Zunächst erreichen wir das Dünengebiet Ramlat Malheet, wo wir uns sogleich fest- und, als Übung für die nächste Woche, warmfahren.

 

Noch einige (arabische) Kilometer bis zum nächsten Brunnen...

kündigt unser Omani an. Das bedeutet praktisch „nur mehrere Stunden“ Fahrt. Ein großes Wasserbassin auf Betonstelzen, unter dem sich einige Beduinen niedergelassen haben. In der Nähe grasen Ihre Ziegen und Kamele (Dromedare, einhöckrig!). Zur Begrüßung ein extrem süßer, wohlschmeckender Tee und hinter einer Mauer, drei Wasserhähne zum Duschen.

Über absolut vegetationslose Kiesflächen geht es weiter ins Inland. Am Rand der entfernten Dünen einige weiße Beduinenzelte. In der Dämmerung passieren wir fahrend den Ort Fasad, um noch tief in den gleichnamigen Ramlat Fasad zu gelangen. Die Ebenen zwischen den rötlich leuchtenden Dünen sowie auch die Fußbereiche der Dünenhänge weisen teilweise dichten Bewuchs auf. Es hat stark geregnet im letzten Sommer. Dies hat auch die Beduinen mit ihren Herden aus den entfernteren Gebirgsbereichen angelockt.

 

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Und wieder: Sandiges Camp - und Vollmondnacht Der Sternenhimmel ist völlig überstrahlt. Nach fast zehn Tagen unterwegs nimmt der Durchmesser des Lagers weiter zu. Die anfänglichen Bedenken weichen einem Gefühl, mit der Wüste vertraut zu werden.

 

Nachts lebt die Wüste - Spuren im Sand

Es hört sich nach Fuchsgeschrei an, was mich nachts weckt. Tatsächlich sind es zwei laute Eulen, die sich auf dem Dachträger eines Toyos niedergelassen haben. Viel Grün lockt natürlich auch viele Kleintiere an. Hier dominieren die Schwarzkäfer („Kotroller“ - sie halten die Wüste sauber) sowie die kleinen, flinken Wüstenechsen. Doch am Dünenhang oberhalb des Lagers finden wir eine andere Spur: sie stammt von einer Sidewinder (Seitenwinder-Schlange). Sie hinterläßt keine durchgehende Schlangenlinie, sondern parallel angeordnet, gebogene Strichmuster.

 

Dünenfahrten

... machen nicht nur tierisch Spaß, sondern erfordern auch höchste Konzentration. Trotzdem heißt es mehrfach: „Die Männer und ihr Spieltrieb“... Hier muß man höllisch aufpassen, sein Fahrzeug und dessen Möglichkeiten gut kennen und mit viel Gefühl an die Sache herangehen. Man darf nie eine steile Kante diagonal anfahren. Das würde nur einmal gehen... Mehrfach wird zu Fuß vorgegangen, um den besten Weg zu erkunden, vor allem jeweils einen fahrtechnisch sicheren Weg. Das Fahren selbst über kleinere Dünengrate ist oft wie eine Ampel bei gelb. Zu frühes Abbremsen bedeutet zumeist Festfahren, zu hohe Geschwindigkeit kann zum Überschlag bzw. Überrollen führen, v.a. wenn man sich nicht vergewissert, was hinter dem Grat kommt. Das alles ist fast eine Wissenschaft für sich. Jedenfalls läßt sich letztlich für alle Beteiligten ein Kindheitstraum neu realisieren: die ganz große Sandkiste...

 

Kamele, Kamele und noch mal Kamele

Die Hersteller von Filmen werden sich bedanken... Selten ist soviel Filmmaterial draufgegangen, um die zahlreichen Begegnungen mit Dromedarherden zu dokumentieren. Entweder kommen nach dem Halten einzelne Tiere oder kleine Herden auf uns zu, oder durch Schnalzlaute lassen sich die Tiere locken. Auch hier gab es mehrfach Situationen, wo selbst die Macro-Einstellung von Teleobjektiven versagte, wenn die Dromos direkt vor uns standen.

 

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Die Tiere sind durch ihren gesamten Körperbau den Bedingungen der Wüste angepaßt und bilden selbst heute noch in einigen Wüstengebieten der Welt die Basis für das Wirtschaften und Überleben von nomadisierenden Wüstenstämmen.

 

Wie geht es Euren Ziegen und Kamelen?

- fragt uns die Chefin eines Beduinenlagers. Wir sind zu Gast in einem großen Beduinenzelt, sitzen auf farbenprächtigen Teppichen. Es wird Kaffee und Tee serviert, dazu Datteln und Ziegenmilch gereicht. Draußen brennt die Mittagssonne, hier ist es schattig und zugig. Beide Seiten beäugen sich. Das Gesicht unserer Gastgeberin, die eindeutig die Herrin hier ist, erscheint wie ein Geschichtsbuch.

 

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Die Beduinen im Oman sind vergleichsweise reich. Ein Toyota-Geländewagen vor dem Zelt ist Standard, leicht finanzierbar über den Verkauf von kostbaren Kamelen. Es gibt keine Fotos dieser einmaligen Begegnungen, denn es wäre hochgradiger Frevel, mit der Kamera vorm Gesicht eine solche Einladung zu zerstören. Also Bilder abspeichern auf der „Festplatte“.

 

Der Milchmann kommt bei Sonnenuntergang

Unser letzter Lagerplatz in den Dünen des Ramlat Fasad ist eindeutig der schönste. Mit viel Herumprobieren gelingt es, auf festen Passagen bis kurz vor den Kammbereich der Dünen vorzudringen. Die Atmosphäre ist so klar wie an keinem Tag zuvor und die Lichtverhältnisse und Farbenspiele kurz vor Sonnenuntergang sind atemberaubend.

 

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Wir hatten gesehen, daß hinter einer weiteren Dünenkette eine Piste verlief. Während alle von der abendlichen Stimmung gefangen genommen sind, kündigt sich irgendwo zwischen den Dünen das Röhren eines Toyos an. Er kommt langsam näher und steht plötzlich mitten im Lager: der „Milchmann“.

Ein Bedu, der irgendwo seine Herde aufgesucht hat, hat auch uns auf den Dünen gesehen und ist neugierig geworden („Das muß ich sehen, Exoten in den Dünen). Sogleich großes Palaver zwischen ihm und unserem Omani-Driverguide. Dann werden die Schalen mit frischer Kamelmilch gefüllt und herumgereicht. Für Milchtrinker genüßlich, etwas fetter als Kuhmilch, für andere nicht unbedingt der Hit.

 

Zum Abschluß in die Tropen

Die Wüstentour neigt sich dem Ende zu. In zügiger Fahrt geht es, wehmütig und durch vergleichsweise langweilige Landschaften, Richtung Süden, der Küste entgegen. Der Jebel Al Qamar ist ein Gebirgszug, der sich zur Küste hin auf maximal 1.400 m erhebt. Die Landschaft bekommt mehr Relief, ist zum Inland hin durch zahlreiche Wadis stark zerschnitten.

 

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Bereits im Kammbereich des Bergzuges nimmt die Vegetation mächtig zu. Die Steilabfahrt auf teilweise sehr rauher, steiler Serpentinenpiste ist ein Eintauchen in eine andere Welt. Die küstenseitigen Berghänge liegen in den Sommermonaten unter Monsuneinfluß, der die Landschaft binnen kurzer Zeit mit einem satten Grün überzieht. Die Besiedlungsdichte nimmt zu. Die Jebali, die Bewohner der kleinen Bergdörfer, betreiben u.a. intensive Rinderzucht. So sieht man denn Kühe und Dromedare nebeneinander in hohem Gras unter Laubbäumen.

Auf dem Weg in die Hauptstadt der Provinz Dhofar, Salalah, treffen wir auf Flaschenbäume und schließlich auf Weihrauchbäume. Dhofar bildete gemeinsam mit dem Südjemen das traditionelle Weihrauchland. Das wohlriechende, kostbare Weihrauchharz wurde im Altertum von hier aus in alle Welt transportiert.

In der Küstenebene von Salalah - Tropen pur. Kokospalmen, Bananen, Papayas. Zur Ankunft eine Trink-Kokosnuß und zum Abschluß einige Relax-Tage in einem schön gelegenen Hotel am Palmenstrand.

Basar-Besuche bringen mit sich, daß auf unseren Armen verschiedenste hier gemixte Duftnoten um Durchdringlichkeit wetteifern. Beim abendlichen Zusammensitzen riecht es wie in einer gutsortieren Parfumerie.

 

Der eigentliche Kulturschock kommt erst während der Rückreise. Noch rund 30 Grad beim nächtlichen Einchecken am Flughafen in Muscat. Zürich - 3 Grad, trocken; Hamburg - etwas wärmer, Regen. Laßt uns bloß wieder in den Oman reisen und uns an der Wüste berauschen.